Heiztechnik
Von der Heiztechnik bemerken die Besucher:innen meistens wenig. Versteckt in begehbaren Versorgungsgängen im Untergrund der Schaugewächshäuser befinden sich die Verteil- und Ringleitungen, Pumpen, Ventile, Wärmetauscher und Druckausgleichsbehälter. In den Gängen sind unterhalb von Luftschächten die direkt in die einzelnen Gewächshäuser führen, Heizkörper angebracht, von denen die warme Luft nach oben strömt, um unseren Pflanzen immer optimale Bedingungen bieten zu können.
Optimale klimatische Bedingungen zu jeder Jahreszeit
Genau wie im Freiland des Botanischen Gartens, wird auch in unseren Gewächshäusern das Pflanzenwachstum entscheidend von den dort vorherrschenden klimatischen Bedingungen bestimmt. Erst durch die technische Beeinflussung von Temperatur und Feuchtigkeit kann hier mitten in Oberbayern eine Umgebung geschaffen werden, die Pflanzen aus unterschiedlichen Klimazonen der Erde, optimale Wuchsvoraussetzungen bietet. Technische Einrichtungen zur Wärme- und Wasserversorgung haben deshalb als grundlegendes wichtiges gärtnerisches Handwerkszeug seit der Gründung des Gartens vor rund 110 Jahren nie an Bedeutung verloren. Während im Freiland zwangsläufig das winterkalte oberbayerische Klima vorherrscht, sind die Temperaturen in der künstlich geschaffenen Umwelt der Gewächshausanlagen durch Beheizung beeinfluss- und steuerbar. Auch die Bewässerungstechnik ist essentiell für den Erhalt unserer kostbaren Lebendsammlung.
Heiztechnik damals und heute
Viele tropische Pflanzen erleiden bereits bei Temperaturen weit über dem Gefrierpunkt erhebliche Schäden. Eine ausreichende Beheizung ist aber auch aus statischen Gründen notwendig: Zur Erhaltung der Gewächshauskonstruktion müssen im Winter große Schneelasten abgetaut werden. Für die erforderlichen Temperaturen in den Gewächshäusern, den Wirtschafts- und Wohngebäuden sowie dem Botanischen Institut sorgt eine Heizzentrale, die ganzjährig betriebsbereit ist. Sie liegt – für unser Publikum unzugänglich – auf der Ostseite des Gartens unter den beiden hohen Kaminen. Beim Bau der Gewächshäuser in den Jahren 1911 und 1912 wurde wegen der ausgedehnten Dimensionen des Gesamtheizungsnetzes von der noch im Alten Botanischen Garten verwendeten Schwerkraftheizung Abstand genommen. Solch eine Anlage ausreichend regeln zu können – Wasser zirkuliert durch das unterschiedliche Gewicht von heißem und wieder abkühlenden Wasser – hätte zu einer zu starken Zersplitterung der Wärmeerzeugungsanlagen geführt. Man entschied sich deshalb für eine Pumpen-Warmwasserheizung, die im Laufe der Zeit mehrfach modernisiert wurde. In der Mitte des 20. Jahrhunderts und während der Kriegsjahre wechselte die Bestückung sechs liegender, schmiedeeisener Niederdruck-Röhrenkessel von Koks zu Braunkohle bis schließlich der Umstieg auf Heizöl erfolgte.
Heute ist der Botanische Garten mit einer modernen, computergesteuerten Heizungsanlage ausgestattet, die an das städtische Erdgasnetz angeschlossen ist. Die Kessel schalten sich eigenständig je nach Verbrauch ein und liefern bei Bedarfsspitzen die notwendige Redundanz. Die Abgaswärme des Kondensats wird über einen Abgaswäscher zurückgewonnen und in einem separaten Niedertemperaturheizsystem oder zur Rücklaufanhebung verwertet.
Regeltechnik
Zur Heizungsanlage gehört neben der Heizzentrale, den Verteilleitungen und dem Heizsystem, das die Wärme ins Gewächshaus selbst und auf die Kulturpflanzen überträgt, auch die Regelungstechnik. Die Heizungs- und Klimaregeltechnik-Anlagen halten die Temperatur auf dem für jedes Gewächshaus individuell vorgegebenen Wert. Einer besonderen Regelung bedarf die Heizung der 21 Meter hohen Kuppel des Palmenhauses. Es muss dabei ein höherer Druck erzeugt werden, was durch einen Sekundärkreislauf mit separatem Wärmetauscher und entsprechenden Ausdehnungsgefäßen bewerkstelligt wird.
Ein Notstromaggregat steht für akute Notfälle bereit, um das Funktionieren der Heizungsanlagen sowie der Lüftungs- und Schattierungsmotoren bei Stromausfall zu winterlich tiefen oder sommerlich hohen Temperaturen zu gewährleisten.